Man fährt blau oder rot auf den Berg. Und neu grün. Die Rigi hat sich ein neues Kleid gegeben. Die Rigi markiert die Zusammengehörigkeit der beiden bis vor wenigen Jahren zwischen Goldau und Vitznau beheimateten und rivalisierenden Bahnunternehmen, die auf den selben Berg führen, zusammen erschlossen und vermarketet wird.
Dazu gibs ein neues Logo, inkl. Farbe.
Ein Besuch fernab der Touristenströme - dann wenn Action, Entspannung, Liebe und Weitblick die Besucher entzückt. Jede Stunde, den ganzen Tag lang, kann man auf den Berg fahren. Am Morgen stehen sie Schlange, an Spitzentagen wie im Jahr 2016, wurden bis 3800 Passagiere hinauf und herunter befördert. Morgens sind freie Plätze rar. Am Nachmittag hat dafür jeder einen Fensterplatz auf der "schönen" Seite, mit Blick auf das immer kleiner werdende Vitznau.
Hinauf gehts bis zum Haus, das eigentlich ja keines mehr ist - von Weitem. Es ist jetzt versteckt hinter Bäumen, kaum sichtbar für die Gäste, und wird bald verschwunden und entsorgt sein. Früher sass ein Mann auf der Bank und winkte den Vorbeifahrenden.
Ja, heute fährt ein rotes und ein blaues Bähnli. Bis 1991 war es nicht möglich von Goldau nach Vitznau ein Schienenfahrzeug auszutauschen. Es gab Tage, da hatten die Blauen zu viel und die Roten zu wenig Passagiere. Die erste Weiche und die Verbindung von Blau zu Rot war gelegt. Und heute fahren die Bahnen je nach Bedarf.
Ein Klapf und alles steht still. Der Wagenführer hastet eilig nach hinten. Der Zweite kommt ebenfalls. Sie schauen sich die Kupplung der beiden Wagen die zusammengekuppelt sind an. Auf dem Nebengeleise fahren die Roten jetzt runter, eins, zwei, drei Züge. Unser Blauer steht und macht keinen Wank mehr.
Dann folgt die Durchsage wegen Stellwerkstörung und so, nein, nicht im SBB Slang, es gibt ein technisches Problem und der nachfolgende Rote wird bald zu uns stossen und wir können auf offenem Feld umsteigen. Eine Dame fragt:"Kann man auch zu Fuss weitergehen?" Ja, aber bis Kaltbad sicher noch eine halbe Stunde, was ihr dann zu lange ist.
So steigen die Blauen in den Roten und weiter geht’s dem azurfarbenen Himmel entgegen.
Viele steigen im Kaltbad aus, es reicht noch für ein Erfrischungsbad in dem von Mario Botta gestalteten Mineralbad,Kaltbad.
Vorbei am Wanderweg, der jetzt die Bahn links oder rechts begleitet, der Blick auf die Seen, die zu späterer Zeit eine ganze andere Wirkung auf uns haben werden.
Im Kulm wird 200 Jahre was gefeiert. Dazu gibts diese Buch das an jeder Station, rund um die Rigi, gratis erhältich ist.
Höchste Zeit für die Kuhherde. Zurück in den Stall. Unter der Terrasse, wo noch vor wenigen Momenten einige Touristen neben Kühen auf Holzstühlen die Sonne genossen haben, ziehen die Kühe weiter.
Das Brautpaar ist jetzt angekommen. Die Photographin auf Besichtigungstour und schon das erste Sujet. Die Kühe störts nicht. Den Bräutigam schon. Auf dem weiteren Weg zur richtigen Position für's Photo ist er in die Schei… gestanden. Und das Brautkleid hat auch etwas braune Farbe abgekriegt und duftet nach Alpenparfüm.
Bitte lächeln und ganz entpannt zum Titlis schauen.
Die Bahnhofstüre geht auf und schliesst nach 20 Sekunden. Keiner geht rein - keiner kommt raus. Die Rigi bewegt sich. Koreaner mit Handy, GPS und Wanderschuhen ziehen vorbei.
Die meisten Passagiere vom Morgen sind schon lange wieder im Zug nach unten, im Blauen oder im Roten.
Jetzt kehrt Ruhe ein. Das Hotel Festpark hat heute zu, kein analoger Plattenspieler lässt jazzige Melodien durch den grossen Saal in den bekiesten Garten hinaustragen.
Es ist jetzt fast sieben Uhr abends. Jetzt sind wenige Leute unterwegs, der Berg gehört wieder den Einheimischen.
Im Kaltbad ist die Station vor einem Jahr neu gebaut worden. Wer erinnert sich an den täglich neu aufgesprochenen Wetterbericht, der in Vorzeit vom Internet stolz verkündete:" Rigi hell und ein Nebelmeer auf 800 m." Gesprochem vom Bahnhofvorstand Jossen, der später das Hotel Bellvue auf Rigi-Kaltbad führte.
Und auf den Trottoir in Luzern standen Tafeln, "Rigi hell", wenn das Wetter ein Nebelmeer für die graubedeckten Städter unter dem Kaltbad ankündigte.
Der Kinderspielplatz, schon seit Jahrzehnten. Hier haben sich die Luzerner Kinder im Fässlirennen geübt.
Man sieht es dem Fässli an, aber es dreht sich noch immer, trotz einiger Kilo Kies im Innern. Es wurde robust gebaut vor 50 Jahren. Aber mit etwas Ueben klappt es auch einem Erwachsenen, ohne Beinbruch einige Runden darauf zu strampeln. Nur das grosse Weinfass fehlt, es ist verfault.
22.22 kann man einfach merken. Um diese Uhrzeit startet der Zug. Und in welche Richtung? Hinauf zum blauen Himmel natürlich. Mit der Tageskarte kannst du rauf und runter fahren. Pauschal, wie ein GA. Um diese Zeit fährt doch keiner mehr hinauf. Oh doch.
Im Wagen ist das Licht aus. Der Wagen fährt Richtung Rigi Kulm. An der Haltestelle Rigi Staffelhöhe vorbei, jetzt am Wanderweg der links und rechts vom Trasse führt, sehen wir keine Seen mehr, nur ein Meer, ein Lichtermeer. Der Blick von links nach rechts, ah! Oh! Vom Vierwaldstättersee über Küssnacht zum Zugersee. Jeder der im Wagen noch gesessen hat, steht jetzt auf und blickt auf das Lichtermeer, geniesst und fährt bergauf.
Die Bahn hält nochmals an der Station Rigi Staffel und fährt zur Bestform auf, vorbei an einem 2 m neben dem Gleis stehenden Berghaus, das hier noch ein grosses Fest beheimatet und natürlich vom Zug mit einem Pfiff begrüsst wird, den Berg hinauf.
Die Rigibahn fährt am Freitag und Samstag diesen Kurs. Vor 10 Jahren beim Einsteigen noch den Wagenführer gefragt, ob er das grelle, unromantische Licht verbannen kann, was ohne Nachfrage abgelöscht wurde, ist heute courant normal. Im Roten im Dunkeln durch die Nacht fahren, welch ein Erlebnis.
Eine kurze Pause von 15 Minuten und der Zug fährt Richtung Vitznau.
Der Zug ist jetzt schon wieder mit mehr Passagieren unterwegs und alle schauen aufs Lichtermeer. Mindestens für die nächsten 10 Minuten bis zur Station Rigi Staffelhöhe, diesmal zum letzten Mal.
Auf der Fahrt nach Vitznau erzählt der Bahnhofvorstand, Zugbegleiter, Billette-Kontrolleur, Wagenführer und Auskunftsperson in einem, der Samstag-Abend-Dienst ist schon lange, und wenn er nicht in Vitznau wohnen würde, dann wäre es schon ein langer Tag. Am nächsten Tag steht er wieder auf der Matte, die Züge fahren.
Inzwischen trifft auch die Meldung ein, dass der Blaue "verletzte Wagen" im roten Depot unter Hochdurck bis um 21:00 Uhr geflickt wurde.
Und der 5er fährt vorläufig noch nicht, dieser wird jetzt umgebaut. Die Bremse ist dann im gleichen Standard wie bei den anderen Triebwagen. Dann sind alle gleich ausgerüstet. Wenn man die Bremse drückt, kann der Zug abfahren und nicht umgekehrt.
Das Lichtermeer auf der Roten Seite (Vitznauer Becken) lässt die Augen, trotz langsam ankriechender Müdigkeit und vielen schlummernenden Erinnerungen, auf keinen Fall schliessen. Es könnte ja noch etwas passieren und dann….
Rot bleibt Rot und Blau bleibt Blau. Die Idee, die Farben der Eisenbahnwagen auf grün zu wechseln wurde im VR fallengelassen. Hoffentlich sieht man das Grün im nächsten Winter nur auf den neuen Fahnen und Bahnhofsschildern, die schon heute aufgestellt sind und nicht auf den schneebedeckten Wiesen.
Rot und Blau - Die Rigi - die Königin der Berge.
Ein Einheimischer sagt später nur, die Königin wird nie grün - Nie!!
Regina montium
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